Die Quadratur des Schachkreises

Den gestrigen Morgen warteten wir den ehrenwerten Herrschaften des im altehrwürdig und historisch bemerkenswert interessanten Sankt Wendel/Saarland gelegenen Vereines Turm Winterbach auf, behufs dessen der größere Teil unserer kleinen Rotte in nahen Gevierten nächtigte, derweil Holger und ich uns am nämlichen Morgen drei Stunden ins beschauliche Nachbarbundesland autobahnten.

Eines vorneweg: diese Begegnung bleibt ohnzweifel allen Beteiligten tief im Gedächtnis, nicht zuletzt ob des Falles einer vom Schiedsrichter ausgesprochenen Disqualifikation.

Bemerkenswerterweise handelt es sich hierbei nicht um den immer wieder gern gesehenen Klassiker eines auf sich aufmerksam machenden mobilen Telefones, auch nicht um den anderen erfrischenden Selbstläufer einer benjohnsonigen Applizierung unerlaubter Mittel, vielmehr um den verwunderlichen Fall eines Reinredens in eine laufende Partie  mit dem lakonischen Imperativ: „Drücke Deine Uhr.“

Dieses geschehen am achten Brette in der Begegnung zwischen Johannes und Roland Müller, live und in stereo vor laufender Kamera und Millionen Zuschauern, da Johannes an seinem Zuge grübelte, dies freilich auf Kosten der Zeit des guten Meister Rolands, welcher schlichtweg das Knopfdrücken vergas.

Der brave Mann welcher die etwas unbedachte Äußerung fallen ließ, es handelt sich hierbei um den werten Herren Thomas Becker, spielte zeitgleich an Brett Eins gegen Andreas.

Somit kam unser heißer Brüter, Herr Tschernobrühl, in den seltenen und zweifelhaften Genuss eines [fast] kampflosen Punktes nach etwa sechs Zügen, indes die Partie, wenngleich für den Mannschaftskampf nunmehr bedeutungslos, durch ein Gentlemen’s-Agreement der beiden Recken noch ein Weiterspielen erfuhr, in welcher der zu hohe Druck des Brühlschen Reaktors eine positionelle Kernschmelze der gegnerischen Position einleitete.

Brett 1

Andreas Brühl-Thomas Becker 1:0

An Brett Acht indes bot kurz darauf Johannes als Geste der sportlichen Fairness seinem gut 300 Punkte dwz-leichteren Gegner ein ehrenvolles Remis an, etwaigen ruchlosen Anschuldigungen zuvorzukommen.

Brett 8

Roland Müller-Johannes Krumm 0,5:0,5

Dies erwies sich als die letzte Punkteteilung der Begegnung, es floss Blut in rauen Massen, also schnallt euch an und rasiert das Popcorn!

An Brett Zwei sahen wir zwischen Max und dem Herren Philipp Sahm einen seltenen Gast in der Eröffnung, nämlich Sleipnir, das berühmt achtbeinige Ross des nordischen Gottes Odin, der indes nach recht kurzer Zugfolge in eine scharfe Variante des Sizilianers überging, in welcher Max ein originelles Bauernopfer bei heterogenen Rochaden zelebrierte, für Hektopascal an Druck sowie variantenreicher Fluiddynamik. Als Beobachter dieser Partie schien mir diese äußerst raffinierte Partieanlage von Max für den Weißen als zu überwältigend und kompliziert und Herr Sahm entschloss sich ob dieser unübersichtlich bedrohlichen Szenerie vorsichtshalber dazu die Partie zu gewinnen,man weiß ja schließlich nie…

Brett 2

Philipp Sahm-Max Weimann 1:0

An Brett Drei sahen wir einen wie gewohnt fantasievoll aufspielenden Holger, welcher, ganz Künstler, liebevolle Arabesken aufs Brett zeichnete, seine blumigen  Varianten in Volutenranken rahmend. Leider erwies sich der werte Gegner als schnöder Kunstbanause, welcher sich allem Anschein nach an der con dolzessa nicht recht divertieren mochte und etwas ignorant mit übertrieben präzisen Zugfolgen das kunstreiche Tableau kaum hinreichend zu würdigen vermochte.

Vor soviel Kunstunverständnis muss man freilich resignieren daher:

Brett 3

Holger Telke-Thomas Hermann 0:1

Brett 4, meine Wenigkeit und Brett 6, Rainers Brettigkeit, lasse ich aus unerfindlichen Gründen erstmal außen vor, deswegen:

An Brett Fünf durften wir einen kräftig aufspielenden Martin erleben, dem schachlich zur Zeit alles gelingt und welcher sich in derlei adretter Form als einer der heißgehandelten  Favoriten im Kandidatenturnier 2018 abzeichnet. Mein tiefster Respekt, Meister!

Brett 5

Martin Kaster-Christian Hänßel 1:0

Ebenfalls brutal stark in Aktion tretend sahen wir Thomas an Brett Sieben seinem werten Gegner und Namensvetter, im Übrigen einer der Vier gestrig anwesenden Vertreter des apostolischen Vornamens, Herren Schütz, die feinnervigen Findigkeiten der Modernen Verteidigung offenbaren. Meine Hochachtung, Herr Hoffmann.

Brett 7

Thomas Hoffmann-Thomas Schütz 1:0

Der aufmerksame Leser mag sich hieraus einen fruchtigfrischen  Zwischenstand von 3,5 zu 2,5 für den SKAK pressen, bei zwei noch laufenden Partien.

Kommen wir nun also zunächst zu mir selbst, etwas was mir seit geraumer Zeit zumindest rein schachlich nicht mehr so recht gelingen mag.

Nach brav erfreulichem Eröffnungsgedümpel und sattem Stellungsvorteil im Mittelspiel, war ich es etwas überdrüssig besser zu stehen und fand die Zeit geeignet endlich einen kräftigen Aussetzer einzustreuen, welcher mich neben artiger Stellung letztlich ein ganzes Pony kostete. Unerquicklich! Zumal ein Blick nach drüben in Rainersche Stellungsgefilde nicht grade Anlass zum ausgelassen Jubel aufkommen ließ, dort  darbte Meister Schmidt mit Minusqualle plus wackliger Stellung am Rande diverser Abgründe, sodass wir bestenfalls auf einen Gleichstand hoffen konnten, insbesondere da nach überstandener Zeitnot meine Stellung in mir Assoziationen zu Bildern von Dresden ’45 oder aktuelleren Bildern von Aleppo aufkommen ließen. Daher reichte ich mein Händchen dem verdienten Sieger welcher wirklich am End unangemessen genau spielte; mit der Erkenntnis deutlich zu alt für das Vollkontaktschach zu sein und mich nächste Saison mehr auf das Synchronhäkeln oder dergleich zu konzentrieren, ließ ich alle Last nunmehr auf den starken Rücken unseres verdienstvollen Mannschaftsführers fallen.

Brett 4

Manfred Hell-Ich [mehroderminder] 1:0

Jener wiederum sah sich einer Stellung gegenüber in denen oftmals Kommentatoren die etwas von dem Spiel verstehen für gewöhnlich ein „Der Rest ist Sache der Technik“ anzumerken belieben.

Allerdings schien Rainers Opponent, der werte Herr Spengler, scheinbar nicht bei allen Lektionen zur Ausbildung des  Schachbrettmechanikers anwesend und drehte hier ein wenig zu viel und schraubte da ein wenig zu arg, bis er ein diffizil zu behandelndes feinmechanisches Spielwerk auf dem Brett mit dem Vorschlaghammer beizukommen suchte, welches jedoch zu einem überzogenen Uhrwerk führend, alsbald in alle Einzelteile zerfiel…somit geschah das kaum für möglich gehaltene, wir erbeuten zwei fette Punkte und drohen nun nicht mehr abzusteigen.

Rainer unser Held!

Brett 6

Hanno Spengler-Rainer Schmied 0:1

Das Resümee aus meiner Warte:

Falls es uns tatsächlich bei allem Aufwand und ungescheuter Mühe nicht gelingt aus der Oberliga abzusteigen, so können wir die Schuld wirklich nur bei uns selbst suchen. 😉

 

 

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert