Technische Turmendspiele II

König, Turm und Bauer gegen König und Turm

Grundregeln:[red_box]

Partei mit dem Bauer
1. Den König so aktiv wie möglich stellen
2. Den Bauern am besten von hinten decken (sonst von der Seite!) „Der Turm gehört hinter den Freibauern!“
3. Anstreben der Lucena-Stellung (König steht auf der Umwandlungsreihedirekt vor seinem Bauern, der gegnerische König ist i.d.R. nur um eine Linie auf der „längeren“ Brettseite abgeschnitten.) Realisierung des Materialvorteils durch den sogenannten „Brückenbau“
4. Den gegnerischen König mit dem Turm soweit wie möglich von dem Freibauern abschneiden.
5. Alle taktischen „Tricks“ (Mattmotive, Umgehungsangriffe, Übergang ins Bauernendspiel etc.) sind erlaubt und häufig auch notwendig.[/red_box]

[grey_box]Partei ohne den Bauer

1. Den König so aktiv wie möglich stellen.
2. Den Bauern mit dem Turm von hinten angreifen. „Der Turm gehört hinter den Freibauern!“
3. Anstreben der Philidor-Stellung (König steht auf der Grundreihe vor dem Bauern, der Turm auf der 6. Reihe, der damit verhindert, dass der weiße König die 6. Reihe betritt.)
4. Bei Schachgeboten weicht der König immer zur kürzeren Brettseite aus.
5. Mit dem Turm immer von der „längeren“ Brettseite (soweit wie möglich vom gegnerischen König entfernt) Seitenschachs geben
6. Auch für den Verteidiger gilt, Turmendspiele sind im höchsten Maße taktisch! (Alle Register der Stellung ziehen. – Pattmotive, Übergang ins Bauernendspiel etc.)

(Achtung: keine Regel ohne Ausnahmen!)[/grey_box]

A. Gewinnstrategie / „Lucena-Stellung“

[two_columns_one]

###pgn###
[Event „Schwarz am Zug“]
[Site „?“]
[Round „?“]
[White „König, Turm und Bauer“]
[Black „König und Turm“]
[Result „1-0“]
[SetUp „1“]
[FEN „6K1/4k1P1/8/8/8/5R2/8/7r b – – 0 1“]
1… Rh2 2.Rf4 Rh1 3.Re4+ Kd7 4.Kf7 Rf1+ 5.Kg6 Rg1+ 6.Kf6 Rf1+ 7.Kg5 Rg1+ 8.Rg4 1-0%%%pgn%%%
[/two_columns_one]
[two_columns_one_last]

Die stärkere Seite sollte diese Position immer anstreben, die diese bei jedem Bauern (außer dem Turmbauern), unabhängig davon wer am Zug ist, gewonnen ist. 1…Th2 (Der Turm muss auf der h-Linie bleiben. Nach beispielsweise 1…Ta2 gewinnt Weiß leicht mit 2. Th3 nebst 3. Kh7) 2.Tf4! Plan 1. Teil: Der Turm geht auf die 4. Reihe (Beginn des „Brückenbaus“) 2…Th1 3.Te4+ Plan 2. Teil: Der König wird eine weitere Reihe abgedrängt. (Nach 3…Kf6 gewinnt 4.Kf8) 3…Kd7 4.Kf7 Tf1+ 5.Kg6 Tg1+ 6.Kf6 Tf1+ (Es gibt keine brauchbare Verteidigung. Falls 6…Tg2, so baut Weiß seine Brücke mit 7.Te5 gefolgt von 8.Tg5. Wenn 6…Kd6 so gewinnt Weiß mit 7.Td4+! Kc6 [Nach 7…Kc7 kann Weiß wieder seine Brücke mit 8. Td5 gefolgt von 9. Tg5 bauen.] 8. Td8 und auf Schachgebote kann sich der weiße König nun im Zickzack-Schritt auf der e- und f-Linie dem Turm nähern.) 7.Kg5! Tg1+ 8.Tg4! Die Brücke ist vollendet. Weiß gewinnt.

[/two_columns_one_last]
[divider]

[two_columns_one]###pgn###

[Event „Weiß am Zug“]
[Site „?“]
[Round „?“]
[White „König, Turm und Bauer“]
[Black „König und Turm“]
[Result „1-0“]
[SetUp „1“]
[FEN „6r1/4k3/8/6P1/6K1/8/8/5R2 w – – 0 1“]

1.Kh5 Rh8+ 2.Kg6 Rg8+ 3.Kh6 Rh8+ 4.Kg7 Rh2 5.g6 Rg2 6.Kh7 Rh2+ 7.Kg8 Rg2 8.g7 Rh2
1-0%%%pgn%%%

[/two_columns_one]

[two_columns_one_last]
Weiß erzwingt die Lucena-Stellung

(Schwarz am Zug könnte mit 1…Tf8 in ein Remis-Bauernenspiel abwickeln bzw. seinen König vor den Freibauern bringen und die Philidor-Stellung erreichen. = Remis)

1.Kh5! Weiß ist nun bereit, mit dem Vorstoß des Bauern zu beginnen. Da passive Verteidigung aussichtslos wäre, hat Schwarz nichts Besseres als mit Schachgeboten zu beginnen. 1…Th8+ 2.Kg6 Tg8+ 3.Kh6 Th8+ 4.Kg7 Th2 5.g6 Tg2 6.Kh7 Th2+ 7.Kg8! Tg2 8.g7 Th2 und die Ausgangsstellung der Lucena-Position ist erreicht.

[/two_columns_one_last]
[divider]

[two_columns_one]###pgn###

[Event „Weiß am Zug“]
[Site „?“]
[Round „?“]
[White „König, Turm und Bauer“]
[Black „König und Turm“]
[Result „1/2-1/2“]
[FEN „K7/P3k3/8/8/8/8/1r6/3R4 w – – 0 1“]

1.Rh1 Kd7 2.Rh8 Kc7 3.Rb8 Rh2 4.Rb7+ Kc8 5.Rb1 Rc2
1/2-1/2%%%pgn%%%

[/two_columns_one]

[two_columns_one_last]
Lucena-Stellung mit Randbauer

Wie in Bauernendspielen ist auch in Turmendspielen der Randbauer der schlechteste, den man haben kann.

Selbst im günstigsten Fall der Lucena-Stellung (König vor dem Freibauern) gewinnt die Partei mit dem Bauern nur dann, wenn der feindliche König mindestens 4 Reihen von dem Freibauern abgeschnitten ist. D. h. in der Diagrammstellung erreicht Schwarz remis: 1.Th1 Kd7! 2.Th8 Kc7! Der einzige Remis-Zug (Regel: Der König so aktiv wie möglich) 3.Tb8 Th2 4.Tb7+ Kc8!Hält den weißen König fest. 5.Tb1 Tc2! Der Turm sichert dem König den Verbleib auf der c-Linie. Weiß kommt nicht weiter.

[/two_columns_one_last]
[divider]

B. Verteidigungsstrategie / „Philidor-Stellung“

[two_columns_one]###pgn###

[Event „Weiß am Zug“]
[Site „?“]
[Round „?“]
[White „König, Turm und Bauer“]
[Black „König und Turm“]
[Result „1/2-1/2“]
[FEN „4k3/7R/r7/4PK2/8/8/8/8 w – – 0 1“]

1.Rb7 Rc6 2.e6 Rc1 3.Kf6 Rf1+ 4.Ke5 Re1+ 5.Kd6 Rd1+ 1/2-1/2%%%pgn%%%

[/two_columns_one]

[two_columns_one_last]

Philidors Position

Die Phillidor-Stellung ist remis bei allen acht Bauern (von a-h), egal wer am Zug ist.

1.Tb7 Ein Wartezug in der Hoffnung auf einen Fehler von Schwarz. 1…Tc6! Plan 1. Teil: Schwarz hält seinen Turm so lange auf der sechsten Reihe bis Weiß seinen Bauern vorzieht. 2.e6 Plan 2. Teil: Jetzt kann sich der weiße König nicht mehr vor seinem Bauern verstecken. Schwarz startet nun eine „Schachserie“ von hinten. 2…Tc1! 3.Kf6 Tf1+ 4.Ke5 Te1+ 5.Kd6 Td1+ Remis

[/two_columns_one_last]
[divider]

[grey_box]

„Was ist, wenn ich meinen König vor den Bauern, aber meinen Turm nicht mehr rechtzeitig auf die 3. Reihe vor dem Umwandlungsfeld bekomme (d.h. die Philidor-Stellung wird nicht erreicht)?“

1. Turmbauer – Bietet keine Gewinnaussichten, solange König und Turm des Verteidigers auf der Grundreihe bleiben. (passive Verteidigung)
2. Springerbauer – Der Verteidiger erzwingt Remis, solange König und Turm auf der Grundreihe bleiben und der König im Zweifel zur „kurzen“ Seite zieht. (passive Verteidigung)
3. Läufer- und Mittelbauer – Hier gehört der Turm des Verteidigers hinter den Bauern und der König muss im richtigen Moment zur „kurzen“ Seite ziehen. (aktive Verteidigung)

[/grey_box]

[two_columns_one]

###pgn###
[Event „Schwarz am Zug“]
[Site „?“]
[Round „?“]
[White „König, Turm und Bauer“]
[Black „König und Turm“]
[Result „1/2-1/2“]
[FEN „6k1/1R6/7K/6P1/8/8/8/5r2 b – – 0 1“]

1… Rf8 2.g6 Ra8 3.Rg7+ Kh8 4.Rh7+ Kg8 1/2-1/2%%%pgn%%%

[/two_columns_one][two_columns_one_last]

 

Remis durch passive Verteidigung

Beispiel: 1…Tf8! Nur die passive Verteidigung hält remis. 2.g6 Ta8 3.Tg7+ Kh8 Hin zur „kurzen“ Seite! (3…Kf8? 4.Kh7! und gewinnt.) 4.Th7+ Kg8 Remis. Schwarz ist sicher, weil Weiß nie g6-g7 spielen darf, solange sich der Turm auf h7 befindet, denn mit Ta6+ gewinnt Schwarz den Turm und die Partie.
Beim Vorhandensein von h- oder g-Bauer ist eine passive Verteidigung erfolgreich, weil der Angreifer nicht auf beiden Seiten wirkungsvoll spielen kann.

[/two_columns_one_last]
[divider]

[two_columns_one]
###pgn###
[Event „Schwarz am Zug“]
[White „König, Turm und Bauer“]
[Black „König und Turm“]
[Result „1-0“]
[FEN „6k1/1R6/7K/6P1/8/8/8/5r2 b – – 0 1“]

1… Rg1 2.Kg6 Kf8 3.Rb8+ Ke7 4.Rg8 Rg2 5.Kh7 Kf7 6.g6+ Kf6 7.Rf8+ Ke7 8.g7 Rh2+ 9.Kg8 Rh1 10.Rf4
1-0%%%pgn%%%

[/two_columns_one][two_columns_one_last]

Die aktive Verteidigung (außer die narrensichere Philidor-Stellung) verliert: 1…Tg1? 2.Kg6! Kf8 Der König muss zur „längeren“ Brettseite ziehen. [2…Tf1 3.Tb8+ Tf8 4.Txf8+ Kxf8 5.Kh7 führt in ein verlorenes Bauernendspiel.]3.Tb8+ Ke7 4.Tg8! Der Schlüssel zum Gewinn, den man sich einprägen sollte! Der Turm hält den Bauern von vorn gedeckt, kann mit ihm vorstoßen und allmählich die Lucena-Stellung ansteuern.4…Tg2 5.Kh7! Kf7 6.g6+ Kf6 7.Tf8+ Ke7 8.g7 Th2+ 9.Kg8 Th1 10.Tf4 Der Brückenbau kann beginnen. 1-0

[/two_columns_one_last]
[divider]

[two_columns_one]

###pgn###
[Event „Schwarz am Zug“]
[White „König, Turm und Bauer“]
[Black „König und Turm“]
[Result „1/2 – 1/2“]
[SetUp „1“]
[FEN „5k2/1R6/6K1/5P2/8/8/r7/8 b KQkq – 0 1“]

1… Rf2 2. Kf6 Kg8 3. Rb8+ Kh7 4. Rf8 Ra2 5. Re8 Rf2 6. Re5 Kg8 7. Ke7 Kg7 8. Ke6 Ra2 9. f6+ Kf8 1/2-1/2%%%pgn%%%

[/two_columns_one][two_columns_one_last]

 

Läufer- und Mittelbauer – Hier gehört der Turm des Verteidigers hinter den Bauern und der König muss im richtigen Moment zur „kurzen“ Seite ziehen. Wird der Bauerdann mit dem Turm von vorn gedeckt (wie im vorherigen Beispiel), erzwingt der Verteidiger mit Turmschachs von der „langen“ Seite das Remis. (aktive Verteidigung)

Beispiel: 1…Tf2! [Die passive Verteidigung 1…Ta8? 2.f6 Kg8 3.Tg7+! Kf8 4.Th7! Kg8 5.f7+ Kf8 6.Th8+ erlaubt den Weißen einen Umgehungsangriff. – Schwarz verliert den Turm.] 2.Kf6! Kg8! Zur kurzen Seite! [Nach 2…Ke8? 3.Tb8+ Kd7 4.Tf8 erreicht Weiß durch das Turmmanöver die Schlüsselstellung des vorigen Beispiels.] 3.Tb8+ Kh7 4.Tf8 Weiß ist nun bereit mit dem Vorstoß des Bauern zu beginnen (Ke7, f6 und Td8), wobei er die Lucena-Stellung ansteuert. Man beachte, dass Schwarz auf das sofortige 4.Ke6 den Zug 4…Kg7 als Antwort hat. 4…Ta2! Schwarz stellt den Turm für Seitenschachs bereit, gegen die es kein Mittel gäbe, z.B. 5. Ke7 Ta7+ oder 5.Kf7 Ta7+. Mit dem König auf der „kurzen“ Brettseite hat der schwarze Turm ausreichend Platz! 5.Te8 Weiß will die Schachgebote mit dem Turm unterbinden. 5…Tf2! Verhindert wieder den Vormarsch des weißen Königs und damit des f-Bauern. 6.Te5 Der Turm schützt den f-Bauern, so dass Weiß mit 7.Kf7 und 8.f6 droht. 6…Kg8! 7.Ke7 Droht wieder 8.f6. 7…Kg7! Remis. Schwarz hat eine völlig verteidigungsfähige Stellung aufgebaut. Nach etwa 8.Ke6 Ta2 9.f6+ Kf8 haben wir eine Art fortgeschrittene Philidorstellung erreicht. An diesem Beispiel kann man gut erkennen, wie wichtig es besonders in Turmendspielen ist, alle Figuren maximal aktiv zu halten. Die Manöver für die Mittelbauern erfolgen analog.

[/two_columns_one_last]
[divider]